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Neue Generation schorfresistenter Apfelsorten

Die Vielfalt an Apfelsorten macht es dem Freizeitgärtner nicht einfach, die richtige Wahl zu treffen. Aus verschiedensten Züchtungsprogrammen und –instituten weltweit kommen Sorten, die heute auf sehr hohem Niveau sind bezüglich Fruchtqualität und Eignung für einen problemlosen Anbau in Hausgärten. So liegt es an Versuchsanstalten und Lieferantenbaumschulen, Vorauswahl  zu treffen und den Fachgartencentern und Gartenbaumschulen mit dem Sortiment Empfehlungen auszusprechen.

Schorf (Venturia inaequalis) und der Mehltau (Podosphaera leucotricha) sind die pilzlichen Krankheiten, die sowohl im Erwerbsanbau als auch im Hausgarten die meisten Probleme machen. Bereits seit den 30iger Jahren des 20. Jahrhunderts beschäftigen sich Obstzüchter mit der Resistenzzüchtung beim Apfel. Als Quelle der Schorfresistenz ist vor allem die sogenannte Vf-Resistenz aus der Wildart Malus floribunda weit verbreitet. Diese Widerstandsfähigkeit wurde in Kultursorten eingekreuzt. Obwohl die Vf-Resistenz in manchen Apfelanbaugebieten bei optimalen klimatischen Bedingungen für den Pilz als durchbrochen gilt, ist sie in Hausgärten noch stabil genug, da der Erregerdruck dort nicht so hoch ist. Laut dem Apfelzüchter von Agroscope Wädenswil in der Schweiz, Dr. Markus Kellerhals, „macht die Schorfresistenz dem Hobbygärtner das Leben leichter“. Die Züchter streben keine Immunität, d. h. absolute Widerstandsfähigkeit, sondern eine sogenannte Feldresistenz an, bei der ein geringer, wirtschaftlich nicht schadender Befall bewusst geduldet wird, um ein Durchbrechen der Resistenz zu verlangsamen. Neben der Robustheit der Sorte sind für den Schorfbefall kleinkronige Bäume auf gut durchlüftetem Standort und mit lockerem Baumaufbau wichtig, die das Laub nach Niederschlägen rascher abtrocknen lassen und somit die Infektionsbedingungen für den Schorfpilz weniger günstig machen. Gegen den Mehltau kann mit mechanischer Abwehr, d. h. dem Ausbrechen der befallenen Triebspitzen im Frühjahr, dem Primärbefall, viel erreicht werden. Meistens ist dann keine Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln mehr nötig.

Sorten wie zum Beispiel Gala und Braeburn, Lieblingssorten vieler Konsumentinnen und Konsumenten, die Äpfel im Fruchthandel kaufen, sind für den Anbau in Gärten ungeeignet. Viele Sorten aus dem Erwerbsanbau sind sehr anfällig auf Krankheiten und/oder schwierig in der Kultur. Im mitteleuropäischen Sortiment für Hausgärten sind heute vor allem Sorten aus europäischer Züchtung verbreitet, so von Universität Prag, Tschechien, JKI Dresden-Pillnitz, Deutschland, Agroscope Changins-Wädenswil, Schweiz, aber auch Universität Wageningen, Niederlande, VSUO Holovousy, Tschechien, INRA Angers, Frankreich. Mit den aktuellen robusten Apfelsorten der neueren Generation gibt es eine Auswahl für jeden Geschmack und jede Vorliebe, auch in Säulenform und als Minibaum für die Topfkultur.


Sommer- und Herbstäpfel für Sofortverzehr und mit kurzer Lagerfähigkeit
Die leuchtend gelbroten Früchte von RUBINOLA(S) (UEB Prag) sind ab Anfang/Mitte September erntebereit. Die mittelgrossen Äpfel schmecken süss mit leichter Säure und feinem Aroma. Der Baum wächst mittelstark und ist wenig mehltauanfällig. Santana aus holländischer Züchtung, erinnert im Fruchtäusseren und im Geschmack stark an den beliebten Elstar. Das feinzellige, saftige Fruchtfleisch ist würzig, süss-säuerlich. Reife ab Anfang/Mitte September, für bessere Lagerfähigkeit erntet man zeitig. Der Baum wächst kräftig. Selena vom VSUO Holovousy ist zwar nicht mehr ganz neu, aber vor noch nicht langer Zeit für Anbau in Hausgärten „entdeckt“ worden. Der rotgelbe Apfel ist vom Geschmack eher süss und angenehm aromatisch. Der Baum wächst mittelstark, garniert gut, ist robust gegen Feuerbrand und wenig anfällig für Mehltau.
 
Winter- bzw. Lageräpfel (Pflückreife Ende September bis Mitte Oktober, genussreif nach kurzer Lagerung)
Die Gala-Tochter GALIWA(R) ch101(S) von Agroscope ACW Wädenswil hat einen noch höheren Zuckergehalt als Gala. Da jüngere Personen heute eher süsse Äpfel bevorzugen, ist GALIWA(R) ch101(S) eine gute Alternative zu Gala für den Anbau im Garten. Die Früchte sind fruchtig-süss, knackig-saftig,  leuchtend rot und mittelgross. Manche finden sogar das Aroma von Mango und Banane darin! Die Ernte ist Mitte/Ende September. Der Baum wächst kompakt und mittelstark und garniert gut, also ideal für die Erziehung. KARNEVAL(S) (UEB Prag) hat seinen Namen, weil er lustig gelbgrün-rot gestreift ist wie ein Faschingskostüm. Die Frucht ist feinsäuerlich-saftig mit feinsten Aromen. Der mittelfeste Apfel hält im Naturlager bis Februar. Der Baum wächst mittelstark, garniert gut und ist wenig mehltauanfällig.

Die leuchtend rote LADINA(S)ist eine der neuesten Sorten von ACW Wädenswil aus der Kreuzung Topaz x Fuji. Die mittelgrossen Äpfel sind festfleischig mit feiner Textur, saftig und knackig. Ihr Geschmack ist harmonisch säuerlich-süss mit exotischer Note und manche erinnert das Aroma an Litchi. Ladina ist zudem wenig anfällig für Mehltau und Feuerbrand. Der beliebte TOPAZ(S) (UEB Prag) ist ein Edelstein unter den schorfresistenten Sorten. Er wird zur Zeit als geschmacklich beste schorfresistente Sorte beurteilt. Die Frucht ist süss mit frischer Säure, aromatisch-würzig und saftig, orangerot und mittelgross. Der Wuchs des Baums ist eher schwach.
SIRIUS(S) ist eine Kreuzung von GOLDEN DELICIOUS und TOPAZ(S) (UEB Prag). Die leuchtend gelbe Farbe stammt von der Mutter, das Aroma und der süss-säuerliche Geschmack vom Vater. Der feste Apfel ist sogar im Naturlager bis März/April haltbar. Beim Schnitt ist er durch den mittelstarken, eher breiten Wuchs, gute Verzweigung und Garnierung unkompliziert.

Die Apfelsorten mit „normalem“ Wuchs lassen sich in den immer kleiner werdenden Hausgärten am besten als Pyramide oder Spindel erziehen. Unter Pyramide versteht man einen Baum mit durchgehender Mitte und 3 bis 4 Leitästen. Die Baumform Spindel besitzt eine dominierende Mittelachse, um die sich die untergeordneten Seitenäste als waagrecht formierte Fruchtäste nach allen Seiten gruppieren. Veredelt auf schwachwachsenden Unterlagen (je nach Wuchs der Sorte M 26, M 9, M 27) werden daraus Bäume mit bis zu 2.5 bis 3 m Höhe und 1.5 bis 2 m Durchmesser. Jungbäume auf schwachen Unterlagen benötigen einen Pfahl und in trockenen Sommern viel Wasser. Über den Schnitt (Sommer- und Winter-) informiert man sich am besten in einem guten Fachbuch über Obstbaumschnitt oder in einem Kurs bei einem Schnittexperten.

Säulenapfelbäume eignen sich sehr gut für kleine Gärten, als Schmuck (Blüte und Fruchtbehang) vor dem Haus und für fruchtende Sichtschutzhecken. Die zur Zeit robusteste Säulenapfelsorte gegen Schorf und Mehltau ist RONDO(S) (UEB Prag).  Der Geschmack ist säuerlich-süss, aromatisch, knackig-saftig. Pflückreife ab Mitte/Ende September, lagerfähig bis Februar. Durch den genetisch fixierten Säulenwuchs bilden sich nur kurze Seitentriebe, die zurückgeschnitten werden können. Zudem ist auch das Höhenwachstum langsam. Doch auch Säulenapfelbäume können mit den Jahren eine Höhe von 2 bis 3 m, teilweise sogar bis 4 m erreichen.

Der Miniapfelbaum ARCADIA(R) Mini Apfel GOLDIE cactus(S) (UEB Prag) bietet sich an für die Kultur im Topf auf Balkon und Terrasse. Der Wuchs ist sehr kompakt, sodass er mit den dann steil aufrecht wachsenden Seitentrieben einem Kandelaberkaktus ähnelt. Seine Früchte sind grüngelb bis gelb, zu ernten ab Mitte September und lagerfähig bis Dezember. Sie haben ein harmonisches Aroma und einen angenehm süss-säuerlichem Geschmack. Als Befruchtersorte für Balkon und Terrasse bietet sich die robuste Apfelsorte ARCADIA(R) Mini Apfel MERLIN pidi an, ein roter, süss-säuerlicher Apfel mit Ernte Ende August, der zwar keine Schorfresistenz besitzt, aber recht robust ist.

Wer die Wahl hat, hat die Qual! Doch wenn man mit konkreten Vorstellungen zu Geschmacksrichtung und Reifezeit zur Beratung in die Obst- und Beerenabteilung des Fachgartencenters und der Gartenbaumschule geht, wird man fündig. Gerade die neueren schorfresistenten Apfelsorten bringen schmackhafte Früchte bei weniger Aufwand.

Autorin: Gertrud Schoop